arztpraxen 718 juristische folgen DenPhaMedJuristische Folgen der Arzthaftung

Führt ein Streit mit Patienten oder anderen Akteuren zu einer juristischen Auseinandersetzung, dann kann das für den betroffenen Arzt oder die betroffene Ärztin sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen.

Im Folgenden erhalten Sie einen knappen Überblick über die juristischen Grundlagen möglicher juristischer Konsequenzen.

Zivilrechtliche Folgen

Vertragshaftung: Die Grundlage für die Arzthaftung ist in erster Linie der Dienstleistungsvertrag gemäß den Bestimmungen des BGB, seit 2013 speziell geregelt als Behandlungsvertrag nach §§ 630a ff BGB mit folgenden Inhalten:

Der Arzt schuldet die Behandlung (insbesondere die Diagnostik, Indikation, Behandlung, Nachsorge und die Dokumentation), nicht jedoch den Behandlungserfolg. Die Behandlung hat nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen.

Der Patient schuldet die Vergütung oder Bezahlung (privat oder über die Krankenkasse) und die aktive Mitwirkung an der Behandlung (siehe § 630c BGB). Dazu gehört auch die Mitteilung aller für die Behandlung bedeutsamen Umstände, zum Beispiel über die körperliche Verfassung des Patienten.

Deliktshaftung: In zweiter Linie greift der § 823 BGB: Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

Regelung der Vertragshaftung

arztpraxen 718 juristische folgen cyber risiken DenPhaMedAnsprüche aufgrund des Dienstleistungsvertrags (§§ 630a ff BGB)

Der Dienstleistungsvertrag (§§ 630a ff BGB) enthält dem Grunde nach eine Verschuldenshaftung, das heißt, ein möglicher Geschädigter muss beweisen, dass der Arzt schuldhaft (also fahrlässig oder vorsätzlich) einen Schaden verursacht hat und dieser Schaden auch ursächlich auf dem Fehler des Arztes beruht.

Weil diese Beweisführung für den Patienten schwierig bis fast unmöglich sein wird, da er im Regelfall die fachlichen Standards für die Behandlung nicht kennt, sieht der speziellere Behandlungsvertrag einige Ausnahmen beziehungsweise Besserstellungen (§ 630h BGB) für Patienten vor.

In den nachstehenden Fällen wird die Beweislast nämlich umgedreht, das heißt, es wird ein Verschulden des Arztes vermutet und dieser muss beweisen, dass ihn an dem eingetretenen Schaden kein Verschulden trifft:

Der Arzt muss beweisen, dass er ordnungsgemäß beraten sowie die erforderliche Einwilligung eingeholt hat und die durch ihn durchgeführte Aufklärung den Anforderungen genügt. Dabei kommt der Beratungsdokumentation und den Behandlungsunterlagen in der Patientenakte höchste Bedeutung zu.

Bei einer fehlenden oder fehlerhaften Dokumentierung, einer fehlenden Befähigung des Arztes für die durchgeführte Behandlung, groben Behandlungsfehlern und/oder der Verwirklichung eines an sich beherrschbaren Behandlungsrisikos wird ein Verschulden des Arztes vermutet oder unterstellt.

Regelung der Deliktshaftung

Ansprüche aufgrund Paragraf 823 BGB

Bei einem Anspruch auf der Grundlage des § 823 BGB gilt eine reine Verschuldenshaftung, der Patient muss wie oben beschrieben beweisen, dass der Arzt fahrlässig oder vorsätzlich einen Fehler gemacht hat.

Hinweis: Die Verletzung der Verpflichtung zur Mitwirkung (siehe § 630h BGB) kann zur Anrechnung eines Mitverschuldens des Patienten an einem erlittenen Schaden führen.

Strafrechtliche Folgen

arztpraxen 718 juristische folgen strafrechtliche DenPhaMed

In Zeiten fortschreitender medizinischer Möglichkeiten steigen nicht nur die fachlichen Anforderungen an Ärzte, sondern auch die Erwartungen der Patienten und Angehörigen. Werden diese dann nicht erfüllt, droht häufig als Folge ein Strafverfahren. Darüber hinaus kommt es bei Abrechnungen immer öfter zu Konflikten. Grundsätzlich lässt sich daher vereinfacht sagen, dass es vor allem zwei Arten von Strafverfahren gibt, die Mediziner betreffen:

Strafrechtliche Vorwürfe im Bereich des Arztstrafrechts reichen bei einem vermuteten Behandlungsfehler von Verstößen gegen das Arznei- und Betäubungsmittelgesetz über die Verletzung von Verschwiegenheitspflichten bis hin zu dem Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung (§§ 223, 224, 226, 227, 229 StGB) oder der fahrlässigen Tötung (§§ 212, 222 StGB).

Die Staatsanwaltschaft ermittelt immer häufiger wegen Abrechnungsbetrugs (§ 263 StGB) sowie Korruption und Bestechlichkeit (§§ 299a, 300 StGB). Auf dieses erhöhte Anzeigenaufkommen meist durch Krankenkassen und KVen reagieren die Strafverfolgungs- und Ermittlungsbehörden zunehmend mit der Bildung sogenannter Sonderabteilungen und Sonderkommissionen.

Den Betroffenen drohen sowohl im Medizinstrafrecht als auch im Arztstrafrecht Freiheits- oder Geldstrafen sowie weitere schwerwiegende Sanktionen. Dazu gehören das Ruhen oder der Entzug der Approbation beziehungsweise der Kassenzulassung und Schadensersatzansprüche in erheblicher Höhe. Auch das Ansehen und der gute Ruf der Betroffenen ist durch solche Gerichtsverhandlungen gefährdet, sogar bei einem Freispruch.

Cyber-Risiken: Weniger dramatisch, aber nicht minder unangenehm

Ein ganz neuer Aspekt juristischer Konsequenzen wurde in Frühjahr 2018 mit der DSGVO Gesetz. Diese sieht nämlich den Übergang einer Ordnungswidrigkeit zu einem Straftatbestand vor, wenn ab einer entdeckten Datenrechtsverletzung bei Gesundheitsdaten innerhalb von 72 Stunden nicht geklärt werden kann, was genau passiert ist, dieses deshalb nicht gemeldet werden konnte und die betroffenen Patienten nicht darüber informiert wurden.

Aus unserer Sicht für niedergelassene Mediziner bei laufender Praxis nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Auch hierfür sollten Ärzte und Ärztinnen vorbauen. Mehr

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Exkurs: Haftungsrisiken für angestellte oder beamtete Ärzte

Im Unterschied zum selbständigen Arzt schließt der angestellte oder beamtete Arzt keine eigenen Behandlungsverträge ab, sondern wird nur als Erfüllungsgehilfe seines Arbeitgebers tätig. Sollte ihm ein Behandlungsfehler unterlaufen, können Ansprüche des Geschädigten auf zwei Wegen an den Arzt gehen:

Vertragshaftung

Als Regress über den Arbeitgeber. Da dieser den Behandlungsvertrag abgeschlossen hat, hat dieser auch für Ansprüche aus vermutetem bzw. unterstelltem Verschulden aufzukommen.

Der interne Regress gegen den Arzt richtet sich allerdings ausschließlich nach arbeitsrechtlichen Bestimmungen und ist üblicherweise nur nach Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit möglich.

Zu ersetzen ist hier dann auch nicht der tatsächliche Schaden. Nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte werden die Regressforderungen des Arbeitgebers in der Regel auf die Zahlung mehrerer Monatsgehälter begrenzt.

Deliktshaftung

Als direkter Anspruch des Geschädigten gegen den Arzt auf Basis der Verschuldenshaftung gemäß § 823 BGB. Da der Arzt den Behandlungsvertrag ja nicht selbst abgeschlossen hat, besteht hier auch keine Anspruchserleichterung für den Geschädigten.

Hinweis: Hat der Arbeitgeber eine Betriebs- bzw. Berufshaftpflichtversicherung für seine Einrichtung abgeschlossen, ist der angestellte oder beamtete Arzt ebenfalls über diesen Vertrag mitversichert und somit von direkten Ansprüchen freigestellt. Es empfiehlt sich deshalb, rechtzeitig vor Aufnahme der Tätigkeit zu prüfen, ob eine entsprechende Haftpflichtversicherung unter Einbeziehung der Ärzte durch den Arbeitgeber abgeschlossen wurde.