RezeptverbrennungRetaxationen

Retax ärgert jeden Apotheker

Wie ein Grauschleier liegen Retaxierungen auf dem Verhältnis von Apothekern und GKV. Es ist, höflich ausgedrückt, deutlich getrübt bis angespannt. Schließlich kollidieren hier zwei sich widersprechende Interessen. Apotheken möchten verschriebene Medikamente möglichst zügig und einfach abgeben. Die Gesetzlichen Krankenkassen wollen seit vielen Jahren Kosten deckeln oder besser senken. Leider ziehen dabei im Retax-Gefecht die Apotheker meist den Kürzeren.

„Retax der Krankenkassen: Eine systematische Rezeptverbrennung im großen Stil zulasten der Apotheker. Dagegen hilft nur die dreifaltige Kontrolle durch sorgfältige Rezeptannahme, zweite Durchsicht am Abend und eine gute Rezeptsammelstelle, die auch noch einmal alles überprüft.“
(Quelle: Michael Jeinsen: Zielgruppenanalyse Apotheker, Seite 103)

Retaxierungen verschlingen Millionen

Unnötig, hier die Gründe für die allseits bekannte Retax-Problematik auszubreiten, Stichworte genügen: Kundenerwartungen, Kundengewohnheiten, Aut-Idem-Retax, Formfehler-Retax in Verbindung mit Nachlässigkeiten von Arztpraxen und vor allem Rahmenvertrags-Retax.

apotheken retax rezept DenPhaMedWenn bestimmte Rezepte am HV landen, sollten in Apotheken alle Alarmglocken läuten: Hoch- und Höchstpreiser, Reimporte, T-Rezepte, Aut-Idem-Feld frei, handschriftlich ausgefüllte und wegen chronischem Farbbandmangels in Praxen kaum leserliche Rezepte – um nur sechs Haupt-Fehlerquellen von vielen zu nennen. Dagegen helfen übrigens nicht nur das Vier-Augen-Prinzip in Verbindung mit der obligatorischen allabendlichen Rezeptdurchsicht, sondern auch die Zusammenarbeit mit einer Rezeptsammelstelle, die eine sofortige automatische Qualitätssicherung aller übertragenen Rezepte anbietet. Mehr

Das Sozialgericht Braunschweig hat dem Irrsinn mit einem Grundsatzurteil wenigstens die Spitze genommen, indem die Richter die Null-Retaxation aufgrund eines Formfehlers als das erkannt haben, „was sie ist: eine unbotmäßige Abzocke, Riesensauerei und dreiste Bereicherung der Krankenkasse“, wie der Chefredakteur von Apotheke-Adhoc, Alexander Müller, pointiert, aber in der Sache zutreffend kommentierte.

Doch der Irrsinn geht weiter. Nunmehr haben offensichtlich auch die privaten Krankenkassen ihre eigene Form von Retax, die es in der Tat bei der PKV de jure nicht geben kann, die aber durch die Hintertür des Basis-Tarifes de facto eben doch Realität wird, wie man hier nachlesen kann.  

Retax – Enteignung mal anders realisiert

Sie sind davon auch betroffen, genervt oder verärgert? Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! und/oder beteiligen Sie sich an den Diskussionen in Apotheke-Adhoc. Dort gibt es mittlerweile fast 600 Retax-Überschriften, die allesamt in die gleiche Richtig weisen: Retax ist eine Einsparmaßnahme zu Lasten der Apothekerschaft, die auch für die Fehler aller anderen Beteiligten bluten müssen. Zu den Retax-Kommentaren

Retax-Farbenkampf am HV

apotheken retax DenPhaMedNach dem Urteil des Sozialgerichts Braunschweig kommt nun dem Rahmenvertrags-Retax die größte Bedeutung für den Apothekenalltag zu, denn jede Krankenkasse versucht, mit Herstellern immer noch günstigere Abmachungen zu treffen. Das ist verständlich, wird aber auf dem Rücken der Apothekerschaft am HV abgeladen. Denn täglich müssen abgebende Approbierte ihren Kunden mühsam erläutern, warum sie nun je nach Krankenkasse nicht mehr die blauen, roten oder gelben, sondern die grünen, weißen oder orangen Pillen – oft zudem noch als Reimport – ohne Zuzahlung bekommen; während man für die bisher „kostenlosen“ jetzt soundso viele Euro zuzahlen müsse. Nach einem Jahr kann es dann gut sein, dass sich das Farbenspiel wiederum gänzlich neu durchmischt. Der Patient hingegen will immer nur die gewohnten Pillen haben, die ihm bisher immer so gut geholfen haben – egal ob blau, grün, gelb oder rot … nur keinen Farbwechsel bitte!

Neue AMVV, neues Risiko?

Am 1. November 2020 tritt eine Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) in Kraft. Mit den Neuerungen wird die Dosierung künftig zur Pflichtangabe auf Rezepten, es sei denn, der Patient hat einen Medikationsplan oder der Arzt hat eine schriftliche Dosierungsanweisung ausgestellt und dies auf dem Rezept kenntlich gemacht. In dringenden Fällen können Apotheker und Apothekerinnen fehlende Dosierungsangaben ohne Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt oder der verschreibenden Ärztin ergänzen. Wie allerdings Krankenkassen mit fehlenden Dosierungsangaben auf Rezepten umgehen, bleibt abzuwarten. Zu befürchten ist, dass für Apotheken ein neues Retax-Risiko entsteht.

Retax und Versicherungen

Bei Retaxierungen verhalten sich viele Sachversicherer wie ihre Schwestergesellschaften in der GKV: Sie laden das Problem bei Apothekern ab. Das geht besonders gut, wenn von Retaxationen weder etwas in den versicherten Risiken steht noch dafür eine eigene Versicherungssumme ausgewiesen ist. Noch einfacher ist es aus Sicht der Versicherer, wenn die sogenannten Vermögensschäden – und dazu gehören alle Retax-Schäden – gar nicht mitversichert sind. Auch die grundsätzliche Einrede des Verstoßes gegen die kaufmännische Sorgfaltspflicht ist ein gern genommenes Abwehrargument der Schadensregulierer.

Versicherer bewegen sich etwas

Fakt ist: Retax ist in einigen – leider aber häufigen – Fällen gar nicht, in anderen nur extrem schwer absicherbar und in einem – allerdings sehr seltenen Fall – tatsächlich versicherbar.

apotheken versicherungen retax reifen DenPhaMedAut-Idem-Retax ist bei spezialisierten Apothekenpolicen vollständig eingeschlossen. Formfehler-Retax wird zunehmend auch versicherbar, hier kommt es jedoch auf die genauen Umstände an. Und bei Rahmenvertrags-Retax bewegt sich ebenfalls etwas in die richtige Richtung: Da gibt es mittlerweile bei bestimmten Schadenszenarien schon Ersatz von einzelnen Versicherungen. Aber es kommt dort ganz wiederum auf den Einzelfall an, den der Versicherungsexperte sauber dokumentieren und im Regulierungsantrag entsprechend begründen muss.

Die Versicherbarkeit von Retax-Schäden befindet sich also gerade im Fluss. Das bedeutet: Alle bestehenden Inhalts- oder Werteversicherungsverträge sollten nun diesbezüglich auf den Prüfstand.

Das machen wir gerne für Sie – kostenlos und dennoch kompetent. Anfrage Retax-Versicherungsrevision