apotheken herstellerhaftung DenPhaMedHerstellerhaftung nach Arzneimittelgesetz 

Defektur, Hunderter-Regelung und AMG-Deckung

Auf den ersten Blick scheinen Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) und Arzneimittelgesetz (AMG) alles, was mit Defekturen zu tun hat, klar zu regeln. Doch dieser Eindruck täuscht und wie so oft steckt im Detail der Teufel. Das musste im Sommer 2018 auch ein Apotheker aus Dresden feststellen. Der wurde von der Aufsichtsbehörde angezeigt, weil er für einen Heilpraktiker Defekturen hergestellt hat. Das juristische Problem: Legt man Paragraf 21 des Arzneimittelgesetzes streng aus, dann dürfen Verschreibungen von Heilpraktikern nicht anerkannt werden. Nimmt man dagegen das Europarecht, sind Verschreibungen von Heilpraktikern plötzlich kein Problem mehr, weil die betreffende EU-Richtlinie den Begriff „ärztliche Verschreibung“ weiter fasst als das deutsche AMG.

„Häufig“: was genau ist das?

Eine andere Voraussetzung für Defekturen kann ebenfalls zu Problemen führen. So müssen laut Paragraf 21 Arzneimittelgesetz (AMG) häufige ärztliche oder zahnärztliche Verschreibungen vorliegen, damit Apotheker oder Apothekerinnen Defekturen herstellen dürfen. Diese Häufigkeit der Verschreibungen muss für jedes Jahr neu belegt werden. Können Apotheker und Apothekerinnen nicht für jedes Jahr neu belegen, dass häufige Verschreibungen vorliegen, bekommen sie ernste Schwierigkeiten mit der Apothekenaufsicht.

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Doch selbst wenn Arzneimittelgesetz und die ApBetrO peinlich genau beachtet werden, können Apotheker und Apothekerinnen in Unannehmlichkeiten verwickelt werden, wie die seit Jahren höchst unterschiedlichen Auffassungen zu Defekturen, die in der Apothekerschaft vorherrschen, zeigen. Verantwortlich dafür sind unter anderem die nicht vollständig eindeutig formulierten Paragrafen 8 ApBetrO und 21 Arzneimittelgesetz.

Deshalb sollten alle Defekturen produzierende Apotheker ganz genau prüfen, wie gerichtsfest ihre Auslegung und Dokumentation der häufigen Verschreibungen sind. Ähnlich verhält es sich mit der Vorschrift, dass nicht mehr als 100 abgabefertige Einheiten pro Tag hergestellt werden dürfen. Diese sogenannte 100er-Regelung muss strengstens eingehalten werden. Notfalls müssen überschüssige Einheiten vernichtet werden, selbst wenn es nur um eine einzige geht.

Restrisiko Gericht ist versicherbar

Wir wissen, hier besteht weiterhin Klärungsbedarf. Denn letztendlich gilt: Wer wirklich eine AMG-Deckung benötigt, ob die 100er Regelung wirklich greift oder diese oder jene Eigenmarke im konkreten Fall darunterfällt, entscheidet im konkreten Fall am Ende immer ein Gericht. Wir empfehlen deshalb jeder Apotheke eine sogenannte Vorsorgedeckung für das Hersteller-Risiko. Die kostet fast nichts, schützt aber gegen das Restrisiko von Grenzfällen. Anfrage AMG-Vorsorgedeckung.

Herstellerhaftung des Apothekers

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Das AMG regelt eine sogenannte Deckungsvorsorgepflicht für bestimmte Arzneimittel. Diese verpflichtet einigen Experten zufolge Apotheker und Apothekerinnen zum Abschluss einer Pharma-Produkthaftpflichtversicherung nach dem AMG. Die vorgeschriebene pauschale Versicherungssumme für die AMG-Deckung beträgt 120.000.000 Euro.

Allerdings ist dies in Apotheken laut anderen Experten in den seltensten Fällen von Relevanz, denn die Herstellung im Rahmen von Rezeptur und Defektur löst nach aktuell gängiger Sichtweise keine Deckungsvorsorgepflicht nach dem AMG aus. Vielmehr besteht für diese Tätigkeiten Versicherungsschutz im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung.

Unser Tipp: Dennoch gibt es einige Versicherungsberater, die ihren Kunden die AMG-Deckung generell als verpflichtende Zusatzpolice darstellen. Solche Argumente sollten Sie jedoch individuell auf Ihren konkreten Bedarf hin prüfen. So bekommen Sie auch das beste Bild davon, wie sattelfest der Berater in den apothekenspezifischen Risikothemen generell ist.

Für die Herstellung von Zytostatika ist ebenfalls keine AMG-Deckung erforderlich, denn die werden immer ausschließlich als Rezepturen hergestellt, niemals als Defektur. Damit ist diese Thematik auf jeden Fall ausschließlich der Betriebshaftpflicht zuzuordnen.

Standardzulassungen begründen Herstellerhaftung

Eine Pharma-Produkthaftpflichtversicherung wird vor allem für die Herstellung nach Standardzulassungen benötigt, sowie für die Herstellung von Fertigarzneimitteln auf Vorrat in Chargen, die die Hunderter-Regelung des Paragrafen 21 Abs. 2 AMG überschreiten. In Apotheken dürfte das sehr selten gelebte Praxis sein.

Tritt eine Apotheke allerdings als Importeur auf, kann eine Pharma-Produkthaftpflichtversicherung notwendig werden. Einzelimporte wiederum sind über die Betriebshaftpflichtversicherung abgedeckt. Anfrage Herstellerhaftpflicht

Vorsorgedeckung statt Restrisiko

apotheken haftungsrisiken herstellerhaftung hufe DenPhaMedAuch wenn aus der Apothekerschaft immer wieder zu hören ist, dass eine AMG-Deckung eher nicht erforderlich ist und diese Auffassung sich mittlerweile auch durchsetzt, sollte jede Apotheke zumindest eine Vorsorgedeckung für AMG-Risiken haben. 

Denn letztlich bleibt eine Grauzone bestehen. Und damit diese nicht im – in der Tat unwahrscheinlichen Fall der Fälle zum Problem wird, sollte ein Mindest-Schutz bestehen. Schließlich wird man als Apotheker oder Apothekerin nicht nicht in eine Lage geraten wollen, in der man darauf hoffen muss, dass ein Gericht die Sachlage genauso bewertet, wie der Apotheker oder die Apothekerin es selbst eingeschätzt hat. 

Und da ein solcher Mindest-Schutz  sehr günstig zu haben ist, sollte ihn jeder Apothekeninhaber zumindest in Erwägung ziehen. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!